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Meine allererste Waldbaden- und Stilleerfahrung

  • Autorenbild: Jennifer Schausten
    Jennifer Schausten
  • 17. Juli 2024
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 18. Juli 2024




Meine erste Waldbaden und Stilleerfahrung war aufwühlend. Müsste ich es mit einem Wort beschreiben, dann aufwühlend, sehr sogar. Das ist im negativen, wie aber letztendlich auch im sehr positiven Sinn der Fall. Ich hatte diese Erfahrung bereits vor über einem Jahr. Zu einem Zeitpunkt in meinem Leben, in dem gefühlt irgendwie nichts mehr richtig für mich war.


Hier sollte ich anmerken, dass ich chronisch erkrankt bin und diese Erkrankungen meine ganze Lebensplanung, einfach alles auf den Kopf gestellt hatten. Ich war verloren, könnte man sagen. Ich hatte mich selbst komplett verloren, den Bezug und die Verbindung zu mir selbst. Ich war eigentlich bereits dabei mich aufzugeben. Dann hab ich etwas über das Waldbaden und bewusst in die Stille gehen gelesen und dachte, dass ich das versuchen sollte, denn schaden kann es nicht, weil es sowieso nicht schlimmer werden konnte. Also ging ich auf diese Stilleerfahrung, Waldbaden. Zu verlieren hatte ich meinem Empfinden nach sowieso ja nichts mehr.





Es war eine zu Beginn sehr wilde Achterbahn der Gefühle. Ich fand es zuerst sogar sehr befremdlich alleine und das ohne jegliche Ablenkung zu sein. Als Mutter war ich das ehrlich gesagt gar nicht mehr gewohnt. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte mal (oder überhaupt mal) wirklich ganz alleine mit mir selbst und meinen Gedanken gewesen bin. Es hat mir sogar etwas Angst gemacht, denn alles was von mir vergraben und verdrängt wurde trat an die Oberfläche. Jedes verdrängte negative Gefühl. Angst, Kummer, Trauer, Verlust. Alles was ich eben sonst nicht so zugelassen hatte kam hoch. Jeder nicht wirklich zuende gedachte Gedanke kam mir plötzlich wieder in den Sinn. Im Grunde ließe sich auch sagen, dass es extrem laut und chaotisch in mir wurde. So sehr, dass ich anfing zu weinen, richtig zu heulen. Ich hatte tatsächlich Angst, ich würde an meinen Tränen ersticken, allein so mitten im Wald. Gefühlt hat mein ganzer Körper gebebt.


Das war furchtbar und hat mir Angst gemacht. Angst, dass ich nun in ein tiefes Loch fallen könnte, aus dem ich nicht mehr raus komme. Das ich damit alles nur noch schlimmer mache, denn mir wurde beigebracht, dass man „tapfer“ und „stark“ sein muss. Sich zusammen reißen. Andere haben es schließlich noch schwerer und die meistern das alles auch. Dann muss ich das auch können. Das war schmerzhaft und wirklich sehr ermüdend und auch nicht wirklich schön. Denn das waren Gefühle und Gedanken, die ich nicht zulassen wollte. Vor denen ich ganz lange weggelaufen bin. Eben weil sie weh taten, oder mir Angst gemacht hatten oder aber, mir auch den Spiegel meiner Selbst vorgehalten haben. Mein reines, inneres Spiegelbild und das war zu dem Zeitpunkt wirklich alles andere als angenehm. Ich hab zum einen mein inneres Kind gesehen, das Schutz gesucht hat. Ein kleines verängstigtes Mädchen, das geliebt werden wollte. Ich hab mein damaliges Ich gesehen. Die Frau die sich versteckt hat, aber doch gleichzeitig um sich schlug und das kleine Mädchen angeschrien hat. Und ich habe auch das Ich gesehen, dass ich eigentlich sein wollte. Die Frau, die sich selbst wertschätzt und liebt und sagt, egal was du fühlst, es ist okay. Hat seine Daseinsberechtigung und du darfst das fühlen. Du musst es nicht verstecken, denn genau das macht das Menschsein aus, und das ist wunderschön.


Aber, und hier wurde es zuerst für mich etwas wiedersprüchlich: es war ebenso befreiend. Erlösend und nachdem es durchlebt war, die erste Welle an Gefühlen und Gedanken abebbte, kehrte Ruhe ein. Also in meinem Inneren. Es wurde leiser und leiser und ich konnte endlich anfangen, einzelnen Gedanken zu folgen. Einzelne Gefühle zu fühlen und das wirklich zur Gänze. Es war so, als würden alle meine zuvor gespiegelten Ichs in den Dialog miteinander treten. Ohne Anfeindung. Ohne sich verstecken. Ohne zu fordern. Ich habe mir selbst gestattet mit mir zu reden. All meinen Ichs zuzuhören und endlich wieder einen Bezug zu mir und meinem Inneren herzustellen.





Ich würde sogar behaupten, es hat meinen Blick frei gemacht. Ich hab erkennen können, wieso ich manches denke. Zum Beispiel, dass man trotz Erkrankung, oder grade deswegen, mehr als 100% geben muss, was an sich ja schon nicht möglich ist. Oder wieso ich dachte, ich müsste stark und tapfer sein. Wieso ich immer angenommen hab, ich wäre einfach nicht genug, nicht gut genug. Als müsste ich immer noch etwas mehr tun, schneller und besser sein. Ich hab erkennen können, wie sie sich das auf mich auswirkt, mein fühlen und letztendlich auch handeln.


Natürlich ist das nicht alles innerhalb weniger Stunden der Stille passiert, aber nach und nach. Mit mir allein im Stillen zu sein, war anfangs befremdlich, sogar etwas furchterregend und natürlich auch sehr schmerzhaft. Aber mit jedem Tag wurde es ruhiger und weniger schmerzhaft. Es wurde angenehm, etwas, was mir gut tut. Es hilft mir auch Heute noch dabei, mich zu ordnen, meine Gedanken wirklich zu denken und auch meine Gefühle wirklich zu durchleben und zu fühlen, ohne mich davon unkontrolliert hin und her reißen zu lassen. Oder von irgendwas abgelenkt zu werden oder mich selbst abzulenken. Dadurch trage ich danach keinen so schweren Balast mehr mit mir rum. Nichts mehr, was mich unnötig belastet und davon abhält, dem für mich wirklich wesentlichen zu folgen.


Und der Wald, das Waldbaden hat mich dabei so sehr unterstützt. Es ist fast schon ein Gefühl gewesen von Zuhause sein. Ich fühlte mich im Wald nicht nur einfach wohl, sondern wirklich wie Zuhause. Die Geräusche, die Gerüche, Farben- sowie Lichtspiele. All das gab mir ein beruhigenden und wohliges und gutes Gefühl. Es war Herbst, kalt, nass und neblig und trotzdem tat es mir gut.


Der Geruch von Laub erfrischte mich, genauso wie der Geruch von Moos. Die angenehme Kühle, Barfuß auf dem Waldboden gehen, am Baum angelehnt sitzen und atmen, Gedanken ziehen zu lassen, all das gab und gibt mir ein Gefühl von Stärke. An einen Baum lehnen, ihn umarmen, einfach von Bäumen umgeben sein, erfüllte mich mit neuer Kraft und Stärke. Es war irgendwie elektrisierend und beruhigend zugleich und oft auch einfach genau das, was ich grade brauchte. Generell fühlte es sich so an, trotz des in mir erst vorherrschenden Chaos, als wüsste der Wald von ganz alleine, wieso ich dort bin und was ich grade brauchte. Ruhe und Erholung, Stressabbau und neue Energie. Die Lösung für die Probleme, die mir riesig und unüberwindbar erschienen und bei meinem nun neuen Blickwinkel, der neuen Betrachtungsweise doch nicht mehr so riesig und furchteinflößend waren.


Ich habe eine Verbindung zu mir selbst hergestellt die ich so vorher einfach nicht kannte und es war genau das, was ich gebraucht hatte um den für mich guten Weg zu finden.


Für mich ist ein Waldspaziergang, egal ob kurz oder lang, mit oder ohne Meditation immer ein Gefühl von ich komme nach Hause. An einen sicheren Ort, wo ich verstanden und akzeptiert werde. Wo ich einfach sein kann und geliebt werde. Wo man mir gibt, was ich wirklich brauche, nicht was ich grade begehre oder denke haben zu wollen. Der Wald sieht mich, mein Inneres und er fühlt was ich fühle und gibt mir genau das, was ich suche ohne zu wissen, wonach ich eigentlich suche. Waldbaden und Stille helfen mir dabei, die Verbindung zu mir selbst zu stärken und meinen Fokus auf das für mich wesentliche zu richten.

 

 

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